Ein Biotop aus zweiter Hand - mit Weinberg
Schüler steckten viel Arbeit in die Gestaltung des neuen Schulgartens
So mancher Landwirt hätte große Teile des Schulgrundstücks wohl als "Brache" bezeichnet, bevor sich die Verantwortlichen des Domgymnasiums im Sommer 1996 überlegten, wie die zur Aller hin gelegene, schuleigene Fläche sinnvoll zu nutzen ist - im Sinne eines praxisorientierten Biologieunterrichts. Für die Umgestaltung wurden folgenden Ziele formuliert:
Der Garten sollte Anschauungsmaterial für den Biologieunterricht bereitstellen, ein Ertragsgarten werden, Techniken im Anbau vermitteln - vornehmlich im Gemüseanbau und ein Garten für gärtnerische Tätigkeiten werden, der gleichzeitig als Lehr- und Übungsgarten dienen konnte.
Bei allen Überlegungen und Planungen standen ästhetische Gesichtspunkte und das Einwirken auf das "pflegerische" Verhalten junger Menschen im Vordergrund. Schon Ende August erfolgte der erste Spatenstich für die Errichtung eines Hügelbeetes - und damit nahm das Abenteuer "Garten" seinen Lauf. Für acht Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse, die als erste der neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft (AG) Schulgarten angehörten, begann eine Zeit harten Arbeitens: 30 Zentimeter tief, 1,50 Meter breit und 8 Meter lang musste der Boden ausgehoben werden, um anschließend mit knapp 100 Karren Rohkompost aufgefüllt und mit Mutterboden wieder beschickt zu werden. Außerdem machten sich die Schüler trotz der folgenden Frostperiode voller Elan daran, die übrigen Gartenflächen vom Wildwuchs, vor allen Dingen von den meterhohen Brombeer-Ranken zu befreien. Schließlich sollte der nach Süden exponierte Hang als Weinberg genutzt werden - diese Idee war zwischenzeitlich gereift.
Schon Anfang 1997 waren die Hügelbeete errichtet, Aussaat und Bepflanzung konnten beginnen. Wenige Wochen später gab es die ersten Salatköpfe, Kohlrabifrüchte und dann das Haushaltsgemüse zu ernten. Lehrer wie Schüler und auch einzelne Außenstehende wurden mit vorzüglichem Biogemüse versorgt.
Damit war es nicht genug. Im Herbst des selben Jahres begann die AG, weitere Flächen zu säubern, damit sie 1998 freigehalten werden konnten. Dieses Mal halfen verstärkt ältere Schüler und es stand eine entsprechende technische Ausstattung zur Verfügung.
Während einer Projektwoche im Jahr 1999 werkelten mehr als 40 Schülerinnen und Schüler im und um den Garten herum. Sie bauten Sitzgelegenheiten und Tischflächen aus Hartholz für bis zu 32 Schüler, damit im Schulgarten auch ein Unterrichten im Klassenverband möglich ist. Außerdem legten sie die Terrassen für den Weinberg an, und vier Schülerinnen planten den Staudengarten so großartig strukturiert, dass spontan der Beschluss gefasst wurde, Elemente des barocken Gartenbaus einfließen zu lassen. So wurden die Beete mit Buchsbaum eingefasst, die Wege befestigt und mit farbigem Kies abgehoben. Heute ist dieser "barocke Garten" das Schmuckstück der Anlage.
Andere Schülerinnen und Schüler gestalteten mit Fleiß und Hingabe eine Kräuterspirale. Die Hausmeister errichteten ein kleines, beheizbares Gewächshaus, um Pflanzen heranzuziehen und Topfblumen für den Biologieunterricht bereitzustellen. Ein kleines Gartenhaus, von Eltern geschenkt, wurde aufgestellt und restauriert.
Nachdem die Weinterrassen vorbereitet waren, konnte im Mai 2000 der Wein in die Erde gesetzt werden. Die 100 Weinreben der Sorte "Regent" entwickeln sich bis heute vortrefflich. Diese Rotweinsorte ist gegen Pilzerkrankungen weitgehend resistent, und bald kann der erste Wein gekeltert werden.
Auf der verhältnismäßig großen Rasenfläche der Obstweide wurden im darauf folgenden Jahr vier Düngeversuchsflächen angelegt - neben einer ungedüngten Vergleichsparzelle. Die zukünftige Entwicklung nach Bedeckungsgrad bestimmter Arten, die Artenentwicklung und die Ertragsleistung werden jährlich, Stichtag: Johanni (24. Juni), festgestellt und ausgewertet. Schließlich wurde 2001 das Gewächshaus mit einer Pergola eingerahmt, die mit unterschiedlichen Kletter- und Rankpflanzen besetzt wurde.
Bereits heute kann festgestellt werden, dass die Artenvielfalt der Insekten im Garten deutlich zugenommen hat. Besonders seltene Falter wie Trauermantel und Schwalbenschwanz werden beständig gesichtet. Auch die Vogelwelt fühlt sich in den neugeschaffenen Biotopen aus zweiter Hand sichtlich wohl. Nachtigall, Trauerschnäpper, Mönchs- und Gartengrasmücke, Haus- und Gartenrotschwanz, Gelbspötter und andere Arten sind zu beobachten.
In diesem Jahr wird es keinen Stillstand geben. Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern wurde eine neue Idee geboren. Ein Weg wird zur Freitreppe, die die oberen Weinterrassen erschließt. Am Kopf auf der obersten Terrasse soll ein Gartenhaus gebaut werden - mit einer Bank zur Erinnerung an einen bedeutenden deutschen Zeichner und Dichter: Wilhelm Busch, der während der Sommermonate bei seinem Onkel, Prof. Nöldeke des Domgymnasiums häufig zu Gast war und an dieser Stelle seine Mittagsruhe zu genießen pflegte.